Schlussdokument des europäischen Treffens von Alicante 2009
Die Delegierten teilen mit allen GCLern die Früchte des europäischen Treffens, das in Alicante (Spanien) vom 28. bis 31. Mai 2009 stattgefunden hat

Pfingstsonntag, 31. Mai 2009

Liebe Schwestern und Brüder!

Als Glieder des pilgernden Gottesvolkes treffen wir uns von Zeit zu Zeit an Orten wie Celje, Nairobi, Lille, Fatima oder Alicante, um mit der weltweiten Gemeinschaft in Kontakt zu bleiben, um die Tiefe der Liebe Christi zu erfahren, die uns verbindet, um unsere Berufung, unsere Anliegen und unsere Sendung zu betrachten, um voneinander zu lernen und uns gegenseitig zu ermutigen.

2. Entsprechend alter kirchlicher Tradition schreiben wir diesen Brief, so dass jede und jeder von euch an der Erfahrung von Alicante teilhaben kann, wie ihr auch an den Vorbereitungen teilgenommen (vgl. GCL in Europa Bulletin Nr. 49, Mai 2009) und uns mit eurem Gebet begleitet habt.

3. Wir sind zum Pfingstfest in Alicante, am Geburtstag der Kirche, als Glaubensgemeinschaft reich beschenkt und ausgesandt unter der Führung des Heiligen Geistes. Die Bedeutung von Pfingsten wächst für uns von Jahr zu Jahr in dem Maß, in dem die GCL ihr Charisma tiefer erkennt und dem Ruf entschiedener folgt, eine apostolische Laiengemeinschaft zu werden, die auch herausgefordert ist, prophetisch zu sein. Pfingsten ist unsere gelebte Erfahrung, inspirierend, herausfordernd und stärkend.

4. Am Anfang teilten wir miteinander, was jede Nationalgemeinschaft zum Treffen mitgebracht hatte. In Worten und Gesten, in Dokumenten, Gegenständen und Erfahrungen wurden Gottes Gaben an unsere Gemeinschaften erkennbar. Die Dinge, die ihr gewählt habt, waren sowohl praktisch als auch schön, sie standen einerseits für Bescheidenheit und Fruchtbarkeit unserer Gemeinschaften, andererseits für all das Gute, das uns verheißen ist.

5. Die Gaben und Berichte, die wir austauschten, machten uns dankbar der vielen Zeichen der Hoffnung, des Wachstums und der Erneuerung in unseren Gemeinschaften bewusst. Wir wurden auch daran erinnert, dass einige Gemeinschaften, ob neu oder lange bestehend, noch immer verletzlich und ihrer Zukunft unsicher sind, und vielleicht zu wenig Unterstützung von anderen erfahren, die vertrauensvoll und beschenkt wachsen.

6. Wir sprechen oft von der Vielfalt innerhalb der europäischen GCL, einer Vielfalt, die die Geschichte der Regionen und ihre heutige Wirklichkeit widerspiegelt; aber vielleicht schätzen wir die Vorzüge dieser Vielfalt nicht genügend: die Möglichkeiten des Ausprobierens, die sie darstellen, die Herausforderungen zu Solidarität und Koordination, die sich ergeben, die Schwierigkeiten oder Probleme, die oft durch Erfolg in den Hintergrund gedrängt werden. Die vielen ermutigenden Erfahrungen in jeder Nationalgemeinschaft könnten für andere zu einem Leuchtzeichen werden. Deshalb laden wir jede Gemeinschaft ein zu überlegen, wie sie ihre „Schätze“ teilen kann.

7. Zusammenfassend zeigen unser Austausch, die Berichte und Diskussionen, dass sich die GCL in Europa einem ständig wachsenden Spektrum von apostolischen Initiativen verpflichtet weiß. Das ist eine deutliche Neuorientierung seit dem letzten Delegiertentreffen in Lille 2004. Fast alle Nationalgemeinschaften in Europa haben die Empfehlungen des Welttreffens in Fatima 2008 angenommen und arbeiten an ihrer Umsetzung.

Anliegen, Unterscheidung und Aktivitäten

8. Nach dem Blick auf unsere Gaben nahmen wir die Probleme und Anliegen in unserer Region genauer in den Blick. Alle Teilnehmer wählten jeweils die drei Themen aus, die ihnen für die GCL in Europa heute und mittel-fristig die drängendsten schienen. In Kleingruppen wurde jedes Problem, jede der anstehenden Fragen behandelt, unabhängig vom Ausmaß des jeweils geäußerten Interesses.

9. Das Treffen bestätigte, dass manche Fragen und Probleme in der Weltgemeinschaft immer wieder auftauchen. „Finden und Ausbildung neuer Gruppenbegleiter“ sowie „Initiativen für und mit jungen Erwachsenen“ stießen auf das größte Echo. Eine zweite Gruppe gemeinsamer Anliegen beinhaltete „Bildung neuer Gruppen“, „Bindung in der GCL“, „Gemeinsame Formungsinitiativen“, „GCL Lebensweise“, „Neubesetzung von Leitungspositionen, Formung und Unterstützung“ sowie „Migration“.

10. Andere Bereiche erwecken zwar einiges Interesse, werden aber (noch) nicht als drängende Prioritäten in der ganzen Region empfunden: „Ignatian Advocacy“, (bedeutet soviel wie Eintreten für Anwaltschaft, Befürwortung, Förderung) “Ökonomie und Ethik“, „Vernetzung von Mit-gliedern in vergleichbaren Berufen“, „Der hohe Frauenanteil in und das Älterwerden von Gemeinschaften“, „Ökumenischer und interreligiöser Dialog“ sowie „Freundschaft mit den Armen“.

11. Wir nennen die wichtigsten Empfehlungen, die sich aus den Gesprächen hier ergeben haben – in der gleichen Reihenfolge wie im Fatimadokument.

12. Wir müssen unser Bemühen um Wachstum hinsichtlich Mitgliederzahlen und Entwicklung der Gemeinschaften auf weitere Altersgruppen und soziale Schichten ausdehnen. Es gibt einige Gemeinschaften innerhalb Europas, die sich in besonderer Weise für Menschen anderer Nationen geöffnet haben, die ihren Wohnsitz aus beruflichen Gründen gewechselt haben. Wir könnten auch mutiger sein im Anbieten von Erfahrungen, die geeignet sind, den Wunsch nach umfassenderer Exerzitienerfahrung zu wecken. Wir halten die Zusammenarbeit auf lokaler Ebene mit Jesuiten und anderen, die ignatianische Jugendarbeit leisten, als besonders geeignetes Mittel, die GCL unter jungen Leuten bekannt zu machen. Das „2011 Magis Programm“ in Vorbereitung auf den Welt-Jugendtag in Madrid ist eine ausgezeichnete Gelegenheit, um jungen Menschen einen Vorgeschmack ignatianischer Spiritualität zu geben. Wir empfehlen sehr, dass jede Nationalgemeinschaft junge Leute zu dieser Erfahrung sendet und begleitet.

13. Die Bedeutung der Bindung in der GCL zur Stärkung des Lebens der Gemeinschaft und apostolischer Initiativen und als öffentlicher Ausdruck einer größeren Identifikation mit der GCL-Lebensweise wird zunehmend anerkannt. In etlichen Nationalgemeinschaften ist die Zahl derer, die die Bindung aussprechen, deutlich gestiegen. Dies ist u.a. neuen Formen zu verdanken, um über die Bindung auf Zeit und auf Dauer zu informieren, die Mitglieder zu „verlocken“ und darauf vorzubereiten. Dennoch besteht Bedarf, Konzepte und den Umgang damit weiter zu klären. Gemeinschaften, die hier gute Erfahrungen gemacht haben, können anderen helfen, die in diesem Bereich noch Entwicklungsbedarf haben.

14. Formung ist ein ständiges Anliegen, das unsere Kreativität herausfordert und viel Talent, Einsatz und Mittel fordert. Die „Formation Tool Box“, die auf der Website der GCL in Europa (www.clc-europe) zur Verfügung steht, war eine ausgezeichnete Initiative, die es verdient, besser bekannt und genutzt zu werden. Nach dem großen Einsatz für die Zusammenstellung sollte auch gemeinsam versucht werden, sie auf aktuellem Stand zu halten. Die Übersetzung der wichtigsten Unterlagen in wenigstens eine der gemeinsamen Sprachen ist eine – mehrfach erbetene – große Hilfe für Gemeinschaften, die Unterstützung brauchen und für andere, die neue Ideen und Materialien suchen. Wir ermutigen jede Nationalgemeinschaft, Dokumente, Kompetenz und Erfahrungen zur Verfügung zu stellen und grenzüberschreitend zu Kursen etc. einzuladen. Besonders die Formung von Gruppenbegleitern wird von allen als drängende Priorität empfunden. Bei dieser hoch spezialisierten und ressourcenintensiven Aufgabe könnten die Orientierungen der Weltgemeinschaft und Initiativen auf regionaler Ebene, die den Austausch bewährter Praktiken fördern, vielen Nationalgemeinschaften helfen.

15. Leitung ist ein Dienst, ohne den keine Gemeinschaft wachsen kann. Wir sind uns sehr bewusst, dass es auf nationaler, regionaler und Weltebene Situationen gibt, in denen nicht genügend Kandidaten zur Verfügung stehen, um Leitungsaufgaben zu übernehmen. Deshalb ermutigen wir unsere Gemeinschaften, von sich aus Mitglieder, die der GCL verbunden sind und die nötigen Voraussetzungen mitbringen, zu ermutigen und zu unterstützen, sich für solche Aufgaben zur Verfügung zu stellen. Auch laden wir die Nationalgemeinschaften ein, alle verfügbaren Formungsangebote anderer Nationalgemeinschaften oder der Weltgemeinschaft zu nutzen (z.B. „International Leadership Course“ in Rom 2006).

16. Das Netzwerk Migration ist ein sehr gutes Beispiel für ein gemeinsames apostolisches Projekt auf europäischer Ebene. Es verdient nicht nur unsere ständige Unterstützung, wir können von seinem Erfolg auch etwas lernen. Es kann als Modell für gemeinsame Initiativen auf anderen Gebieten dienen, z.B. Advocacy, Freundschaft mit den Armen, Vernetzung von Mitgliedern in vergleichbaren Berufen und Initiativen für und mit jungen Leuten.

Als Region wachsen: miteinander arbeiten und Ressourcen teilen

17. Die GCL Europa verdankt einen Großteil ihres Wachstums der Bereitschaft und Fähigkeit von Nationalgemeinschaften, aufeinander zuzugehen, miteinander zu arbeiten und solidarisch zu sein. Das Euroteam und das Netzwerk der Eurolinks unterstützen diese Zusammenarbeit ganz wesentlich. Wir sind dem scheidenden Euroteam sehr dankbar für sein großes Engagement in den vergangenen Jahren.

18. Wir nehmen auch die Frustration und die mangelnde Unterstützung wahr, die das Euroteam bei seinem Dienst an der Region und deren Nationalgemeinschaften immer wieder erlebt hat. Das wirft Fragen auf hinsichtlich unseres Bewusstseins für die Herausforderungen regionaler Zusammenarbeit, unserer Einstellung zu den Vereinbarungen, die unsere Zusammenarbeit und unser Ressourcenteilen erst ermöglichen sowie hinsichtlich unserer Ernsthaftigkeit gegenüber den Verpflichtungen, die wir auf Europäischen Treffen übernommen haben. Wir laden jede Nationalgemeinschaft ein, sich ehrlich und unvoreingenommen zu prüfen.

19. Mit der größeren Wertschätzung der Herausforderungen, die an ein Euroteam gestellt werden, erkennen wir, dass es einer realistischeren Einschätzung dessen bedarf, was ein Euroteam und die Eurolinks erreichen können. Die GCL Europa muss überlegen, wie das Team als zu diesem Dienst Ausgesandte die nötige Unterstützung findet, um das umzusetzen, worum es gebeten wurde. Wir ermutigen auch jede/n einzelne/n von euch, im Bewusstsein zu wachsen, dass ihr zur GCL-Region Europa und zur Weltgemeinschaft gehört. Das wird auch in einer vom Geist der Unterscheidung geprägten Wahl der Eurolinks und deren angemessener Unterstützung zum Ausdruck kommen sowie in einer größeren Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit anderen Nationalgemeinschaften.

Am Ende des Briefes laden wir euch ein, mit uns das Abschlussgebet des Treffens von Lille zu beten: Möge der Geist von Pfingsten, der wie der Wind durch unsere Kirche und unsere Gemeinschaften weht, auch weiterhin unseren Bemühungen Leben spenden und sie reiche Früchte tragen lassen.

Übersetzung: D-A-CH (deutsch-österreichisch-schweizerische Zusammenarbeit: Dorothee Fischer (CH), Inge Höpfl (D), Gertrud Zeller (A)

6. Juli 2009